Einleitung
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die beliebteste Rechtsform für Kapitalgesellschaften in Deutschland. Sie bietet den Vorteil der beschränkten Haftung und eignet sich sowohl für kleine Familienbetriebe als auch für große Konzerne. Die Gründung einer GmbH ist jedoch mit verschiedenen rechtlichen Anforderungen verbunden, die präzise eingehalten werden müssen. Dieser Artikel führt Sie durch alle wichtigen rechtlichen Aspekte der GmbH-Gründung.
Was ist eine GmbH?
Die GmbH ist eine juristische Person des Privatrechts und eine Kapitalgesellschaft. Sie besitzt eigene Rechtsfähigkeit und kann selbständig Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Die Haftung der Gesellschafter ist grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.
Charakteristika der GmbH:
- Juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit
- Beschränkte Haftung der Gesellschafter
- Mindestkapital von 25.000 Euro
- Flexible Gestaltung der Gesellschafterrechte
- Geeignet für ein bis mehrere Gesellschafter
Rechtliche Voraussetzungen für die GmbH-Gründung
Gesellschafter
Eine GmbH kann von einer oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen gegründet werden. Es gibt keine Obergrenze für die Anzahl der Gesellschafter.
Voraussetzungen für Gesellschafter:
- Geschäftsfähigkeit (bei natürlichen Personen)
- Keine besonderen Qualifikationen erforderlich
- Ausländische Gesellschafter sind zulässig
- Juristische Personen können Gesellschafter sein
Stammkapital
Das Mindeststammkapital einer GmbH beträgt 25.000 Euro. Bei der Gründung müssen mindestens 12.500 Euro (50%) eingezahlt werden.
Stammkapital-Regelungen
Bei mehreren Gesellschaftern muss jeder Geschäftsanteil mindestens 1 Euro betragen und auf volle Euro lauten. Die Summe aller Geschäftsanteile muss das Stammkapital ergeben.
Geschäftsführer
Jede GmbH muss mindestens einen Geschäftsführer haben, der die Gesellschaft nach außen vertritt und die Geschäfte führt.
Voraussetzungen für Geschäftsführer:
- Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit
- Keine Insolvenz oder Verurteilung wegen bestimmter Straftaten
- Kann, muss aber nicht Gesellschafter sein
- Ausländer können Geschäftsführer werden
Der Gesellschaftsvertrag (Satzung)
Der Gesellschaftsvertrag ist das Gründungsdokument der GmbH und muss notariell beurkundet werden. Er regelt die wesentlichen Verhältnisse der Gesellschaft.
Pflichtinhalte des Gesellschaftsvertrags:
- Firma und Sitz der Gesellschaft
- Gegenstand des Unternehmens
- Höhe des Stammkapitals
- Betrag der Stammeinlagen jedes Gesellschafters
Optionale Regelungen:
- Geschäftsführung und Vertretung
- Gesellschafterversammlung
- Gewinnverteilung
- Übertragung von Geschäftsanteilen
- Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern
- Auflösung der Gesellschaft
Muster-Gesellschaftsvertrag vs. individueller Vertrag
Das Justizministerium stellt Musterprotokolle für einfache Gründungen zur Verfügung. Diese sind kostengünstiger, aber weniger flexibel als individuell gestaltete Verträge.
Musterprotokoll vs. individueller Vertrag:
Aspekt | Musterprotokoll | Individueller Vertrag |
---|---|---|
Kosten | Geringer | Höher |
Flexibilität | Begrenzt | Hoch |
Gesellschafter | Max. 3 | Unbegrenzt |
Geschäftsführer | Max. 1 | Unbegrenzt |
Der Gründungsprozess Schritt für Schritt
1. Vorbereitung
- Firmenname prüfen und reservieren
- Gesellschaftsvertrag entwerfen
- Geschäftskonzept ausarbeiten
- Finanzierung sicherstellen
2. Notarielle Beurkundung
Der Gesellschaftsvertrag muss vor einem Notar beurkundet werden. Alle Gesellschafter müssen persönlich anwesend sein oder sich durch bevollmächtigte Vertreter vertreten lassen.
Dokumente für den Notartermin:
- Personalausweise aller Gesellschafter
- Bei Ausländern: Reisepass mit deutscher Übersetzung
- Bei juristischen Personen: Handelsregisterauszug
- Entwurf des Gesellschaftsvertrags
- Geschäftsführerbestellungsurkunde
3. Einzahlung des Stammkapitals
Nach der notariellen Beurkundung muss das Stammkapital auf ein Konto der Gesellschaft eingezahlt werden. Hierfür wird eine Geschäftskontoeroffnung bei einer Bank benötigt.
Wichtiger Hinweis
Das Stammkapital darf vor der Handelsregistereintragung nur für Gründungskosten und zur Erfüllung von Verbindlichkeiten aus der Vor-GmbH verwendet werden.
4. Anmeldung zum Handelsregister
Die Anmeldung zum Handelsregister muss durch alle Geschäftsführer beim zuständigen Amtsgericht erfolgen.
Erforderliche Unterlagen:
- Notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag
- Nachweis der Stammkapitaleinzahlung
- Geschäftsführerbestellung
- Versicherung der Geschäftsführer (keine Sperrvermerke)
- Gesellschafterliste
Organe der GmbH
Gesellschafterversammlung
Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Organ der GmbH und fasst alle grundlegenden Beschlüsse.
Zuständigkeiten:
- Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern
- Feststellung des Jahresabschlusses
- Gewinnverwendung
- Satzungsänderungen
- Auflösung der Gesellschaft
Geschäftsführung
Die Geschäftsführung leitet die Gesellschaft und vertritt sie nach außen.
Aufgaben und Pflichten:
- Führung der Geschäfte
- Vertretung der Gesellschaft
- Buchführung und Bilanzierung
- Anmeldungen bei Behörden
- Berichterstattung an Gesellschafter
Aufsichtsrat (optional)
Ein Aufsichtsrat ist nur bei bestimmten GmbHs vorgeschrieben (z.B. bei mehr als 500 Arbeitnehmern) oder kann freiwillig eingerichtet werden.
Haftung in der GmbH
Haftung der Gesellschaft
Die GmbH haftet für ihre Verbindlichkeiten nur mit dem Gesellschaftsvermögen.
Haftung der Gesellschafter
Die Gesellschafter haften grundsätzlich nur mit ihrer Stammeinlage. Ausnahmen:
- Bei nicht vollständig eingezahlten Stammeinlagen
- Bei Vermischung von Gesellschafts- und Privatvermögen
- Bei Missbrauch der Rechtsform
- Bei Insolvenzverschleppung
Haftung der Geschäftsführer
Geschäftsführer haften für Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft und bei bestimmten Verstößen auch persönlich gegenüber Dritten.
Wichtige Haftungsfälle:
- Verletzung der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmanns
- Insolvenzverschleppung
- Verletzung von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten
- Nichtabführung von Steuern und Sozialabgaben
Vor-GmbH und GmbH & Co. KG
Vor-GmbH
Zwischen notarieller Beurkundung und Handelsregistereintragung existiert die sogenannte Vor-GmbH.
Besonderheiten der Vor-GmbH:
- Noch keine juristische Person
- Geschäftsführer haften persönlich
- Beschränkte Geschäftsfähigkeit
- Übergang auf die GmbH bei Eintragung
GmbH & Co. KG
Eine Sonderform, bei der eine GmbH als Komplementärin einer KG fungiert.
Vorteile:
- Beschränkte Haftung aller Beteiligten
- Steuerliche Transparenz
- Flexible Gewinnverteilung
- Geeignet für Familienunternehmen
Buchführungs- und Bilanzierungspflichten
Buchführung
Jede GmbH ist zur doppelten Buchführung verpflichtet, unabhängig von Umsatz oder Gewinn.
Jahresabschluss
Jährlich ist ein Jahresabschluss zu erstellen, bestehend aus:
- Bilanz
- Gewinn- und Verlustrechnung
- Anhang (bei mittelgroßen und großen GmbHs)
- Lagebericht (bei großen GmbHs)
Offenlegung
Je nach Größe der GmbH müssen Teile des Jahresabschlusses beim Bundesanzeiger veröffentlicht werden.
Auflösung und Liquidation
Auflösungsgründe
- Gesellschafterbeschluss
- Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- Rechtskräftige Auflösung durch Gericht
Liquidationsverfahren
Nach der Auflösung tritt die GmbH in Liquidation. Das Vermögen wird verwertet und nach Begleichung aller Schulden an die Gesellschafter verteilt.
Häufige rechtliche Probleme und deren Vermeidung
1. Unvollständige Stammkapitaleinzahlung
Versäumnisse bei der Stammkapitaleinzahlung können zu persönlicher Haftung führen.
2. Vermischung von Privatvermögen
Die strenge Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen ist essentiell.
3. Verstoß gegen Buchführungspflichten
Unvollständige oder fehlerhafte Buchführung kann zu Bußgeldern und Haftung führen.
4. Insolvenzverschleppung
Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss unverzüglich Insolvenz angemeldet werden.
Compliance-Checkliste
- Regelmäßige Gesellschafterversammlungen
- Ordnungsgemäße Buchführung
- Rechtzeitige Anmeldungen bei Behörden
- Einhaltung von Fristen (Jahresabschluss, Steuererklärungen)
- Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen
Aktuelle rechtliche Entwicklungen
Digitalisierung
Die Digitalisierung erfasst auch das Gesellschaftsrecht:
- Elektronische Gesellschafterlisten
- Digitale Handelsregisteranmeldungen
- Online-Gesellschafterversammlungen
- Elektronische Jahresabschlüsse
Compliance und ESG
Neue Anforderungen an Compliance und Nachhaltigkeit:
- Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
- EU-Taxonomie-Verordnung
- Verschärfte Geldwäschegesetze
- Whistleblower-Schutz
Fazit
Die GmbH-Gründung ist ein komplexer rechtlicher Vorgang, der sorgfältige Planung und Beachtung zahlreicher Vorschriften erfordert. Von der Erstellung des Gesellschaftsvertrags bis zur Handelsregistereintragung müssen alle rechtlichen Anforderungen präzise erfüllt werden.
Die GmbH bietet durch die beschränkte Haftung und flexible Gestaltungsmöglichkeiten viele Vorteile, bringt aber auch umfangreiche Pflichten mit sich. Eine professionelle rechtliche Beratung ist daher unerlässlich, um Fehler zu vermeiden und die Rechtsform optimal zu nutzen.
Die laufende Compliance und Einhaltung aller rechtlichen Pflichten ist entscheidend für den dauerhaften Erfolg der GmbH und den Schutz vor persönlicher Haftung der Beteiligten.
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